Begehrte Stockwaagen
„Marke Eigenbau“ kann Richard Wolf mit Fug und Recht bei allen Bienenstockwaagen behaupten, die seine Werkstatt verlassen. Bild: fjo
Wer Bienen wiegen will, braucht eine Waage, klar. Erst recht, wenn ein ganzer Stock zu messen ist. Aber wofür soll das gut sein? Der Hagendorfer Richard Wolf weiß die Antwort. Hagendorf. „Beinahe 100 Waagen in einer Woche – das war eine Herausforderung“, sagt der 20-jährige Jungunternehmer, der dank vieler Aufträge fast rund um die Uhr beschäftigt ist. Anfragen kommen aus ganz Europa. Seit 2013 gibt es Wolf-Bienenstockwaagen, damals war der junge Mann noch Abiturient im Weidener Kepler-Gymnasiums.
Das aktuellste Modell ist gerade einmal wenige Wochen alt. Der Bleiakku ist gegen einen hochmodernen Lithium-Ionen-Typ getauscht, der nicht mehr gewechselt werden muss, und sich nun beispielsweise auch mobil am Bienenstand aufladen lässt. Zudem optimierte Wolf die Energieeffizienz derart, dass die neuen Akkus rund ein Jahr ohne Nachladen laufen. Und benötigten die ersten Exemplare noch umständliche Steckverbindungen, so läuft nun alles über Funkschnittstellen.
Zusammenbau per Hand
Die Aluminium- und Edelstahlteile für das Tragegerüst, die nach den Plänen des Studenten gefertigt sind, kommen aus Schmidgaden. Aus den Einzelteilen, die längst palettenweise geliefert und benötigt werden, baut Wolf von Hand im elterlichen Anwesen zusammen. Mit wenigen weiteren Bauteilen kommt viel Elektronik zwischen die beiden Abdeckplatten, Platinen, hochempfindliche Wiegezellen und der Akku für die Stromversorgung.
Bei der neuen Konstruktion achtete der Tüftler auch darauf, dass keine Mäuse hineinkommen können und ein möglichst hoher Wetterschutz gegeben ist. „Da kann auch keiner mehr einfach so den Akku abstecken“, weist Wolf auf einen weiteren Zusatznutzen hin. „Denn bei den ersten Modellen kam es schon einmal vor, dass Wanderer die Antenne abschraubten oder den Akku abtrennten. Bei den neuen Modellen kann das keiner mehr machen. Mit einem Schlüssel ist alles absperrbar.“
Info per SMS
Dieser Schutz alleine reichte dem Erfinder jedoch nicht. „Wenn irgendjemand am Bienenvolk etwas machen würde, bekommt der Besitzer per SMS sofort eine entsprechende Info.“ Für die Stockwaagen hat der Mechatronik-Student auch die Auswertungs-Software entwickelt, die auf einem eigenen Server betrieben wird. Auch hier steht die Entwicklung nicht still. Was derzeit noch als Webanwendung läuft, soll bald zur App werden.
Zudem konzipierte der Hobbyimker auch gleich noch das Informationssystem dazu. „Es war immer der Haken, dass es an den Standorten der Bienenstöcke irgendwo weit draußen in der Natur kein Handynetz gab.“ Wolf gelang es, eine eigene SIM-Karte („Wolf-SIM“) zu kreieren, mit der er europaweit alle Netze nutzen kann. Wolf hat auch hier eine eigene Software programmiert, mit der er alle von ihm ausgegebenen SIM-Karten verwalten und managen kann. Das geht soweit, dass über einen Administrationszugang ein Einloggen in alle Stockwaagen möglich ist, um die gemessenen Daten blitzschnell abzurufen.
Ohne Familie und Freunde kann er den Aufwand nicht mehr bewältigen. Neben Internetauftritt und Mundpropaganda sind Fachmessen die wichtigsten Plattformen für Wolf, um seine Bienenstockwaagen zu präsentieren. War es zunächst unglaublich schwierig, sich gegen das Vorgehen der rigorosen Konkurrenz zu behaupten, so war der Auftritt bei der jüngsten Schau in Donaueschingen ein voller Erfolg. „An den Ständen der anderen Anbieter war kaum mehr etwas los, unserer ist hingegen förmlich überrollt worden.“
Längst überwachen sogar Forschungsinstitute mit Wolf-Waagen ihre wissenschaftlichen Arbeiten, zumal der Hagendorfer die Daten der Kunden in ein deutschlandweites Netz für Imker und Wissenschaft integrieren kann. Damit lässt sich nicht nur an Effizienz und Qualität forschen, sondern auch an Krankheiten. Aber auch die großen regionalen Unterschiede bei den Honig-Erträgen und beim Futterverbrauch im Winter fallen erst durch die bundesweite Vernetzung auf.
„Rentiert sich denn so eine Stockwaage für die Imker?“, wurde Wolf immer wieder gefragt – bei Preisen zwischen 899 und 1049 Euro pro Stück. Doch allein der Wegfall des ständigen Fahrens zu den Bienenvölkern, die bei Berufsimkern oft Hunderte von Kilometern verstreut stehen, lässt die Sache durch die automatische Überwachung und das damit verbundene schnelle Handeln unter einem ganz anderen Licht erscheinen.
Integrierte Alarmsysteme
Aber auch für Hobbyimker sind die integrierten Alarmsysteme, die automatisch über Schwarmabgang oder Diebstahl informieren, von großem Vorteil. Detailansichten in die stündliche Aufzeichnung von Gewicht und Wetterdaten geben Aufschluss über das Verhalten der Bienen. Diese Informationen werden dann von Imkervereinen, Schulen oder Hochschulen ausgewertet und analysiert.
Die neue Technik spricht nicht nur junge Leute an, auch die ältere Generation kommt schnell zurecht. „Mein ältester Kunde ist 81 Jahre und so begeistert, dass er sich in diesem Frühjahr bereits eine zweite Waage gekauft hat“, sagt Wolf.
Quelle: DER NEUE TAG